7. SONNTAG im Jahreskreis
Evangelium nach Matthäus (5,5,38-48)
Erinnern Sie sich noch? Über die 10 Gebote haben wir am vergangenen Sonntag gesprochen und gesagt, dass wir sie als Wegweiser für unser Leben, Weisungen Gottes, verstehen sollen, damit unser Leben miteinander gelingen kann. Aber diese 10 Gebote sind nur „Minimalforderungen der Liebe“, das Wenigste, dass wir tun können, wenn wir im Sinne Gottes miteina nder leben wollen. In seiner Bergpredigt geht Jesus viel weiter. Man hat das Gefühl, dass er aus den „Minimalforderungen“ „Maximalforderungen“ der Liebe macht. Er sagt, wie weit Liebe gehen kann. Und da stockt uns doch irgendwie der Atem!
Diejenigen lieben die uns lieben, Liebe mit Liebe beantworten ist schön. Aber Liebe ist mehr als ein schönes Gefühl. Sie ist eine innere Haltung, eine innere Lebenseinstellung, die sich nicht einschränken lässt und die sich nur Menschen gegenüber äußert, die auch uns wohlgesinnt sind. Liebe als Lebenseinstellung will für jeden Menschen sein Wohl, auch wenn er uns auf den ersten Blick nicht sympathisch ist wegen seines Äußeres, wegen seiner Charaktereigenschaften und seiner Ansichten. Jeder Mensch ist liebenswert, weil er von Gott geliebt und angenommen wird, auch mit seinen Fehlern. Diese Tatsache kann ich nicht beiseiteschieben, wenn ich Gott ernst nehme. Ich kann nur versuchen, es Gott „nachzumachen“. „Seid vollkommen, wie euer himmlischer Vater“, sagt Jesus. Versuche vollkommen, total und radikal zu lieben wie Gott. Auch wenn dir das nicht immer gelingt, versuche es immer wieder aufs Neue.
Wenn Menschen mir Böses antun wollen, werde ich ihnen keine schönen Gefühle entgegenbringen können, aber ich kann trotzdem darauf verzichten, meinerseits ihnen Böses anzutun oder zu wünschen. Ich werde meine Rachegefühle beherrschen, denn Rache will den anderen nur zerstören. Und wenn ein Mensch mir nicht wohlgesinnt ist, werde ich ihm trotzdem helfen, wenn er sich in irgendeiner Notsituation befindet. Ich werde selbst „menschlich“ bleiben und ihn wie einen Menschen behandeln. Ist das nicht „Feindesliebe“?
Jesus fordert uns auf, gegen unsere natürlichen Neigungen anzukämpfen: Auf der einen Seite steckt die Neigung zu Aggression und Gewalt in unseren Genen. Es ist das evolutionäre Erbgut, das wir vom Tierreich mitbekommen haben. Als Teil der Natur unterliegen wir den Gesetzen der Natur. Zu diesen Gesetzen gehört das aggressive Durchsetzen der eigenen Interessen, denn nur so kann das eigene Leben oder das Überleben des Rudels gesichert werden. Aber Menschsein bedeutet nun diese Naturgesetze in uns , das Niveau des Tierreiches zu überwinden.
Wenn dich einer haut, dann hau nicht zurück; wenn dich einer beleidigt, dann halte dich zurück und tue nicht das Gleiche; wenn dich einer um eine Unterstützung bittet, die dich Mühe kostet, dann tue es nicht mit Widerwillen, sondern tue sogar um eine Spur mehr als verlangt wurde; wenn einer etwas von dir borgen will, habe keine Angst es nicht zurückzubekommen, sondern stelle es zur Verfügung.
Gewalt nicht mit Gewalt beantworten, Feindseligkeit nicht mit Feindseligkeit, Aggression nicht mit Aggression, denn sonst steigert sich das immer weiter, wird gegenseitig immer mehr aufgeschaukelt. Im Streit jede Form von Gehässigkeit unterlassen - Vorwürfen nicht mit neuen Vorwürfen begegnen, sondern prüfen, ob ein Stückchen Wahrheit in dem vorgebrachten Vorwurf steckt - einen Fehler oder ein Versagen nicht stets neu auftischen - bei Enttäuschung nicht postwendend die Beziehung für immer abbrechen - Hilfe und Beistand in der Not nicht verweigern, obwohl man schon öfter ausgenutzt wurde... Paulus sagt: "Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch Gutes". Man nennt das auch „Entfeindung“. Feindesliebe ist eigentlich ein Widerspruch in sich. Denn wenn es mir gelingt, einem Feind wohlwollend zu begegnen, hört er ja auf, mein Feind zu sein.
Den Kreislauf der Gewalt meinerseits durchbrechen und dadurch den Weg zur Versöhnung ebnen, freimachen. Ist das nicht die Feindesliebe, die Jesus meint? Und es hilft tatsächlich, wenn ich dann für den anderen bete, mich an Gott wende, und so meine negativen Gefühle abschwäche und vertreibe. Durch das Gebet bekomme ich die Kraft dazu. So erweise ich mich als Kind des Vaters, als gottgläubiger Mensch.